ARBEITSBEDINGUNGEN OPTIMAL GESTALTEN - AUCH IN DER PANDEMIE DEN HANDLUNGSSPIELRAUM IM BLICK BEHALTEN UND BESCHÄFTIGTE AN LÖSUNGEN BETEILIGEN
BGM-Wissen| 24.02.2021
Sabine Welz (Projektleiterin Betriebliches Gesundheitsmanagement, MOOVE GmbH)
Durch die Pandemie hat sich der Blick auf die Arbeitsbedingungen im Homeoffice und die damit verbundenen Herausforderungen verengt. Doch auch in diesen Zeiten empfehlen die Expert:innen der MOOVE GmbH, alle Dimensionen der Arbeit im Blick zu behalten, die zu einer psychischen Gefährdung der Mitarbeitenden führen können. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) hat hierfür 22 Arbeitsbedingungen definiert. Sind diese nur mangelhaft gestaltet, können sie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten schädigen. Zu diesen Arbeitsbedingungen zählt auch der Handlungsspielraum, den die Mitarbeitenden haben, um ihre Aufgabe zu erledigen.

Die Ergebnisse der Mitarbeiter:innenbefragungen zur Beurteilung psychischer Belastungen bei vielen Kund:innen der MOOVE GmbH zeigen hier großes Potential, welches auch das iga.Barometer 2019 (iga Report 43) bestätigt: 59 Prozent der Befragten können gar nicht oder nur teilweise selbst bestimmen wie sie ihre Arbeit erledigen. Dabei stehen Handlungs- bzw. Tätigkeitsspielräume in engem Zusammenhang mit Leistungsfähigkeit, Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit. Diese Spielräume werden daher als eine wichtige Ressource gesehen, die sich auf die psychische und physische Gesundheit auswirken. Arbeitswissenschaftliche Studien zeigen, wer diese Spielräume hat schläft besser und kann negative Folgen durch quantitative Anforderungen, wenn also unter hohem Zeitdruck schnell und viel gearbeitet werden muss, besser ausgleichen.
Zudem setzen Unternehmen mit agilen Arbeitsweisen auf größere Handlungsspielräume für die Beschäftigten, um bislang ungenutzte Kreativitäts- und Innovationspotentiale zu erschließen.
MENSCHEN STREBEN NACH SOUVERÄNITÄT
Kontrolle oder Einfluss nehmen stellt ein Hauptmotiv menschlichen Handelns dar. Menschen streben nach Souveränität und Autonomie auch bei der Arbeit. Beschäftigte mit Handlungsspielraum haben einen Einfluss auf das Vorgehen bei der Arbeit, auf die Wahl der Arbeitsmittel, das Arbeitstempo und die Arbeitsmenge sowie Freiräume, um situationsgerecht zu handeln und zu entscheiden. Sie können auch betriebliche Veränderungen mitgestalten.
Ist der Handlungsspielraum gering, geraten Menschen erhöht unter Stress und die Wahrscheinlich-keit für psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen und Burn-out steigt. In Kombination mit hohen Arbeitsbelastungen kann ein geringer Handlungsspielraum zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z.B. erhöhtem Blutdruck führen.
Nicht jede Tätigkeit lässt den optimalen Handlungsspielraum zu. Doch auch die Arbeit an Maschinen, oder in der Krankenpflege mit strengen Vorgaben und festen Arbeitszeiten bietet Möglichkeiten den Handlungsspielraum auszuweiten und das Potential zu nutzen.
DIE BESTEN LÖSUNGEN KOMMEN VON DEN BESCHÄFTIGTEN
Die Erfahrungen der MOOVE GmbH zeigen, dass es die Beschäftigten als die Expert:innen ihrer Arbeit selbst sind, die systemische und prozessrelevante Lösungen finden, die zu erhöhter Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und Wohlbefinden im Unternehmen führen. Vorausgesetzt, sie werden bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einbezogen. Dies kann durch Gesundheitszirkel mit Workshops erfolgen, in denen die Belastungen und ihre Ursachen identifiziert und anschließend die Lösungen erarbeitet werden. Dieser partizipative Ansatz hat auch eine wertschätzende Wirkung, die die Einstellung zur Arbeit positiv beeinflusst. Die Vorstellung der Ergebnisse bei der Geschäftsführung stellt sicher, dass die Lösungen auf höchster Ebene diskutiert und Maßnahmen umgesetzt werden.
Diese Gesundheitszirkel sind eine Möglichkeit die gesetzlich geforderte Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen entsprechend §5 (3) ArbSchG zu erfüllen. Eine weitere Möglichkeit ist eine Mitarbeiter:innenbefragung mit diesem Schwerpunkt, die Handlungsbedarf aufdeckt, jedoch nicht auf die Ableitung konkreter Maßnahmen ausgerichtet ist.
FÜNF ANSÄTZE FÜR DIE ERWEITERUNG DES HANDLUNGSSPIELRAUMS DER BESCHÄFTIGTEN:
- Arbeitsgebiete definieren, in denen die Beschäftigten ihre Aufgaben selbst gestalten und strukturieren können und den Gesamtüberblick über alle Aufgaben behalten.
- Durch zeitliche und inhaltliche Freiheiten den Beschäftigten die Möglichkeit geben, die beste Vorgehensweise, die geeigneten Arbeitsmittel und die sinnvollste zeitliche Abfolge selbst zu bestimmen.
- Für den Umgang mit schwierigen Kund:innen/Patient:innen/Angehörigen Orientierung geben und die Entscheidungs- und Handlungsspielräume hierfür klar definieren und aufzeigen. Den Beschäftigten Führungskräfte zur Seite stellen, die bei Unklarheiten zum Handlungsspielraum unterstützen können.
- Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten bieten (z.B. Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens)
- Bei einseitigen/monotonen Tätigkeiten das Aufgabenspektrum erweitern durch weiterführende Aufgaben mit vergleichbaren oder auch höheren Anforderungen.
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